Kunststoffe sind fest in unseren Alltag integriert – ob wir es wollen oder nicht. Der Verzicht wird dem Verbraucher schwer gemacht, da sich Kunststoffe nahezu überall verstecken können. Konsum und Verbrauch werden zukunftig weiter steigen. Höchste Zeit also, dass die Kunststoffwirtschaft etwas ändert. Die Plastikexporte nach Asien sollten endlich gestoppt und mehr als 50 % der Abfälle in der Gelben Tonne sollten recycelt werden. Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung erklären im PLASTVERARBEITER, wieso wir von der lineraren endlich zur zirkulären Kunststoffwirtschaft gelangen müssen.
Die Kunststoffwirtschaft wird zirkulär
Der Verzicht auf Kunststoff ist weder möglich noch sinnvoll. Ein fundamentaler Wandel im Umgang mit dem polymeren Alleskönner ist der einzige Weg: Die Kunststoffwirtschaft muss zirkulär werden! Doch wie muss ein Kunststoff beschaffen sein, damit er und die aus ihm hergestellten Produkte nach Gebrauch nicht mehr entsorgt, sondern zu neuen Produkten werden? Und: Sollten die Kunststoffe doch in die Umwelt gelangen, wie können sie dort schnell und rückstandslos abgebaut werden? Der Wandel vom heutigen, weltweit noch weitgehend linearen, hin zu einem zirkulären System benötigt systemische, technische und soziale Innovationen und daran angepasste Wertschöpfungsnetzwerke. Diese Transformation erfordert eine „Kunststoffwende“, die nur mit einem Multi-Stakeholder-Ansatz gelingt.
Wenn sich am Morgen des 1. Januars ein durchschnittlich gewachsener und normal ernährter deutscher Mensch auf die Waage stellt, wird der Zeiger wahrscheinlich irgendwo zwischen 70 und 80 kg stehenbleiben. Je nach eigenem Anspruch und gesundheitlichem Wohlbefinden löst dieser Anblick Zufriedenheit oder tiefe Betroffenheit mit anschließendem Fassen strenger Vorsätze aus. Kaum jemand denkt darüber nach, dass bereits am Ende dieses einen Tages jeder Deutsche Rohstoffe mit einer Masse von etwa der Hälfte seines Körpergewichts verbraucht haben wird. 364 Tage später wird der Rohstoffkonsum das 200-fache seines Körpergewichts überstiegen haben: Mehr als 16 Tonnen werden es dann sein, die wir als Materialrucksack zusätzlich zu unserem Gewicht verursachen. Dazu gehören Rohstoffe, die für die Produktion von Produkten der Endnachfrage (oder auch letzten Verwendung) genutzt, aus denen Lebensmittel erzeugt oder die für das Bereitstellen von Energie für die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr umgewandelt wurden.
Die asymmetrische Verteilung des Pro-Kopf-Rohstoffkonsums in Verbindung mit der weiter wachsenden Weltbevölkerung führt zu einer prognostizierten Zunahme des weltweiten jährlichen Rohstoffverbrauchs von heute 90 Mrd. Tonnen auf 150 bis 180 Mrd. Tonnen in 2050. Die Prognosen beruhen darauf, dass sich immer mehr Länder mit großen Bevölkerungszahlen in Asien und Afrika westlichen Infrastruktur-, Konsum- und Wohlstandsniveaus annähern, dass die Urbanisierung mit extrem rohstoffintensiven Lebensstilen weiter voranschreitet und dass die Zahl der Menschen 2050 wohl die Marke von 9,5 Mrd. deutlich überspringen wird. Aus heutiger Sicht stellt das bezahlbare Versorgen mit Rohstoffen aus ihren natürlichen Quellen – trotz oder gerade wegen des technischen Fortschritts – eine große Herausforderung dar. Dabei geht es nicht nur um Mineralien, Metallerze, Biomasse und fossile Rohstoffe, sondern auch um die Ressourcen Wasser, Luft und Boden, die im anthropogenen Wirtschaftssystem Quellen- und Senkenfunktionen übernehmen. Dies hat die Weltgemeinschaft anerkannt, als sie sich im September 2015 zum Erreichen von 17 globalen Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals SDGs) verpflichtet hat. Neben dem Einhalten von Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit, dem Vermeiden von Armut, Hunger und Diskriminierung zielen SDGs darauf ab, wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand von der steigenden Nutzung natürlicher Ressourcen und den daraus resultierenden Folgen für die Umwelt zu entkoppeln. …
Mehr zum Trendthema Nachhaltigkeit in unserer Trendmap und Artikel zum Thema Plastikmüll bei medienport.de