Wie Corona die Städte zu Gefängnissen macht

Wie Corona die Städte zu Gefängnissen macht

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Früher waren Städte die verheißungsvollen Orte, in denen alles möglich war – zumindest deutlich mehr als dies auf dem Land der Fall ist. Früher? Das meint die Zeit bevor Corona die Welt heimgesucht hat, bevor Social Distancing zur neuen Knigge und Gesichtsmasken en vogue waren. Laura Weißmüller, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, erzählt wie die Großstadt mit all ihren Freiheiten angesichts einer Pandemie zum Gefängnis wird.

Die Kehrseite der Urbanisierung

Das Coronavirus macht keinen Unterschied zwischen Stadt und Land, trotzdem trifft es Städte deutlich härter. Wie die Pandemie alles, was Metropolen lebenswert und erfolgreich gemacht hat, in ein Horrorszenario verwandelt

Wer in Vor-Corona-Zeiten über die lebenswerte Stadt sprach, der redete von Dichte. In dem Begriff konzentrierte sich all das, was eine Stadt bis dahin so anziehend gemacht hat: das Zusammentreffen von Menschen und der Austausch, der dadurch entsteht. Die Wirtschaftskraft, die sich hier bündelt. Die Vielfalt an Unterhaltung, egal ob Kino, Theater, Museum oder Zoo. Die Firmen folgten dem Sog und erzeugten neuen. Die Welt urbanisierte sich in nie gekanntem Ausmaß, weil jeder Einzelne sich dort mehr Erfolg versprach. Das Versprechen der Stadt war die Dichte an Menschen und die Möglichkeiten, die sich daraus ergaben.

Vorbei. Die Nähe zu anderen Menschen ist im Augenblick gefährlich, für manche ist sie sogar tödlich. Das Coronavirus macht zwar keinen Unterschied zwischen Stadt und Land, und doch trifft es die Städte ungleich härter. Das liegt nicht nur an der Größe einer Metropole, wodurch sich die Ansteckungsgefahr durch das Virus erhöht und Städte sich zu den Zentren der Pandemie entwickeln. Es liegt vor allem an dem, was eine Stadt ausmacht, an ihrem Wesen. Eine Stadt ist auf Vernetzung ausgelegt, dem Austausch möglichst vieler Menschen, Waren und Dienstleistungen, am besten rund um die Uhr. Das ist ihr Erfolgsrezept, und zwar seitdem es sie gibt. Uruk, die erste Megacity der Welt im Süden Mesopotamiens, wo 25 000 Einwohner auf engem Raum zusammenlebten, funktionierte da vor gut 5000 Jahren im Prinzip nicht anders als heute New York. Denn Städte waren vor allem immer eines: bedeutende Handelszentren. Jede wichtige Megacity der Gegenwart geht auf einen wirtschaftlichen Knotenpunkt zurück. Meist mit angeschlossenem Hafen, immer mit dem Versprechen, von hier aus bessere Geschäfte machen zu können. Das ließ sich die politische Macht nicht entgehen und platzierte sich gut sichtbar im Zentrum einer jeden Metropole. Das öffentliche Leben war der Pulsschlag einer Stadt.

Viel ist in den vergangenen Tagen über den unwirklichen Eindruck der leeren Städte geschrieben worden. Die New York Times zeigte die entvölkerten Metropolen in einem Fotoessay, von London, New York São Paulo bis zu Delhi, Bangkok und München, und schrieb, „die Bilder beschwören die Romantik von Ruinen herauf“. Das mag übertrieben klingen, aber tatsächlich ist die surreale Leere jeder Stadt, so schön sie im Moment auch erscheinen mag – Architekturfotografen haben lange vor Corona die Menschen aus ihren Bildern getilgt, um die Bauten in ihrer Reinheit zeigen zu können –, ihr Untergang. Vernichtet sie doch das, was eine Stadt bis dahin angetrieben hat, allem voran ihre Wirtschaft. …

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